Alles nur ein Kampf?

Schüler:innenvorstellungen zu Aspekten der Immunreaktion

Autor/innen

DOI:

https://doi.org/10.11576/zdb-7338

Schlagworte:

Immunreaktion, Schüler:innenvorstellungen, Diversität

Abstract

Schüler:innenvorstellungen stehen seit vielen Jahren im Fokus biologiedidaktischer Forschung, da sie den Ausgangspunkt für fachliches Lernen darstellen. Dabei wird die Individualität von Schüler:innenvorstellungen entsprechend der Theorie des er-fahrungsbasierten Verstehens betont und darauf hingewiesen, dass Faktoren, wie bspw. sprachlich-kulturelle und sozio-öko-nomische Aspekte sowie gesellschaftliche Entwicklungen und epochalprägende Ereignisse, diese Vorstellungen wesentlich beeinflussen und verändern können. Die Migrationsbewegungen der letzten Jahrzehnte und die dadurch zunehmende sprach-lich-kulturelle Diversität in deutschen Klassen sowie veränderte mediale Repräsentationen biologischer Phänomene, insbeson-dere im Zuge der Corona-Pandemie, stellen solche Einflussfaktoren dar. Deshalb wird im Rahmen dieser Studie das in den letzten Jahrzehnten bereits gut erforschte Thema Immunreaktion erneut aufgegriffen und hinsichtlich vorherrschender Schü-ler:innenvorstellungen untersucht. Entsprechend der gesellschaftlichen Entwicklungen wurde für die vorliegende Studie eine Stichprobe von 24 Gesamtschüler:innen verschiedener sprachlich-kultureller Hintergründe und fachlicher Niveaus ausgewählt, die in leitfadengestützten Interviews zu ihren Vorstellungen befragt wurden. Die Interviews wurden mittels Qualitativer In-haltsanalyse sowie systematischer Metaphernanalyse ausgewertet. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass sich die Schüler:in-nenvorstellungen im Vergleich zu den bisher dokumentierten Vorstellungen dahingehend verändert haben, dass sie teils als fachlich angemessener bewertet werden können, was möglicherweise auf die mediale Überrepräsentanz des Corona-Virus der letzten Jahre zurückzuführen ist. Zudem konnten bisher nicht dokumentierte Vorstellungen, u. a. zur fehlenden Verwendung der Kampf-Metaphorik, herausgearbeitet werden. Auffallend dabei ist, dass solche Vorstellungen nur bei Schüler:innen mit nicht ausschließlich deutschem sprachlich-kulturellem Hintergrund identifiziert werden konnten. Diese Erkenntnisse deuten darauf hin, dass eine Aktualisierung des Forschungsstands im Bereich der Schüler:innenvorstellungsforschung angedacht wer-den sollte, da die Vorstellungen der aktuellen, diverseren Schüler:innenpopulation in den bislang dokumentierten Vorstellun-gen ggf. nicht angemessen repräsentiert werden.

Deshalb wird im Rahmen dieser Studie das in den letzten Jahrzehnten bereits gut erforschte Thema „Immunreaktion“ erneut aufgegriffen und hinsichtlich vorherrschender Schüler:innenvorstellungen untersucht. Entsprechend der gesellschaftlichen Entwicklungen wurde für die vorliegende Studie eine Stichprobe von 24 Gesamtschüler:innen verschiedener sprachlich-kultureller Hintergründe und fachlicher Niveaus ausgewählt, die in leitfadengestützten Interviews zu ihren Vorstellungen befragt wurden. Die Interviews wurden mittels Qualitativer Inhaltsanalyse sowie systematischer Metaphernanalyse ausgewertet.

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass sich die Schüler:innenvorstellungen im Vergleich zu den bisher dokumentierten Vorstellungen dahingehend verändert haben, dass sie teils als fachlich angemessener bewertet werden können, was möglicherweise auf die mediale Überrepräsentanz des Corona-Virus der letzten Jahre zurückzuführen ist. Zudem konnten bisher nicht dokumentierte Vorstellungen, u.a. zur fehlenden Verwendung der Kampf-Metaphorik, herausgearbeitet werden. Auffallend dabei ist, dass solche Vorstellungen ausschließlich bei Schüler:innen mit nicht ausschließlich deutschem sprachlich-kulturellem Hintergrund identifiziert werden konnten.

Diese Erkenntnisse deuten darauf hin, dass eine Aktualisierung des Forschungsstands im Bereich der Schüler:innenvorstellungsforschung angedacht werden sollten, da die Vorstellungen der aktuellen, diverseren Schüler:innen-Population in den bislang dokumentierten Vorstellungen gegebenenfalls nicht angemessen repräsentiert wird.

Autor/innen-Biografien

Ronja Sowinski, Leuphana Universität Lüneburg

Ronja Sowinski hat Biologie und Deutsch auf Lehramt (M.Ed.) studiert und ist zurzeit Doktorandin und wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Didaktik der Naturwissenschaften am Institut für Nachhaltige Chemie der Leuphana Universität Lüneburg. Ihr Forschungsinteresse liegt insbesondere im Bereich von Sprache(n) im Biologieunterricht.

Elisabeth Hofer, Leuphana Universität Lüneburg

Dr. Elisabeth Hofer ist als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Nachhaltige Chemie an der Leuphana Universität Lüneburg tätig.

Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen inklusiver naturwissenschaftlicher Unterricht, Forschendes Lernen, kontext- und aufgabenbasierter Unterricht sowie Lehrkräfteprofessionalisierung.

Simone Abels, Leuphana Universität Lüneburg

Prof. Dr. Simone Abels ist Professorin für Didaktik der Naturwissenschaften am Institut für Nachhaltige Chemie an der Leuphana Universität Lüneburg. Sie ist zudem Vizepräsidentin für die Graduate School, wissenschaftliche Qualifizierung und Lehrkräftebildung. Ihre Forschungsinteressen liegen insbesondere im Bereich des inklusiven naturwissenschaftlichen Unterrichts, Forschendem Lernen, BNE und videobasierter Lehrkräftebildung.

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Veröffentlicht

22.05.2025

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Sowinski, R., Hofer, E., & Abels, S. (2025). Alles nur ein Kampf? Schüler:innenvorstellungen zu Aspekten der Immunreaktion. Zeitschrift für Didaktik Der Biologie (ZDB), 30(1), 25–48. https://doi.org/10.11576/zdb-7338

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